Bolivien

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Faschistischer Militärputsch zwingt Evo Morales zum Rücktritt

Am 10. November hat ein von Faschisten betriebener Militärputsch den bolivianischen Präsidenten Evo Morales zum Rücktritt gezwungen.

Faschistischer Militärputsch zwingt Evo Morales zum Rücktritt
Evo Morales bei einem Staatsbesuch in Ecuador - neben ihm die bolivianische Botschafterin in Ecuador (Foto: Fernanda LeMarie - Cancillería Ecuador)

Mit Evo Morales hatte erstmals ein Angehöriger der indigenen Völker Boliviens und Gewerkschaftsführer der Koka-Bauern das Regierungsamt mit breiter Unterstützung der Massen übernommen.


Anlass für die eskalierenden Konfrontationen der letzten Wochen waren die Wahlen am 20. Oktober, bei denen Evo Morales 47 Prozent der Stimmen bekam. Die ultrareaktionäre Opposition mit ihrem Spitzenkandidaten Carlos Mesa (er erhielt 36 Prozent der Stimmen) bezweifelte, dass der Stimmenabstand mehr als 10 Prozent betragen hatte und forderte deshalb eine Stichwahl.

Armeeführung forderte Rücktritt

Seitdem schürten die ultrareaktionären Kräfte systematisch Massenproteste wegen angeblicher Wahlfälschungen und organisierten Gewaltexzesse gegen Anhänger der Regierungspartei MAS (Moviemento al Socialismo - Bewegung zum Sozialismus). Unterstützung dafür gab es von einem OAS-Bericht, der vage von Manipulationen sprach. Zu dieser Organisation amerikanischer Staaten gehört unter anderem auch die US-Regierung.


Teile der Armee beteiligten sich unter der demagogischen Losung „Soldaten für das Volk“ an den zunehmend gewalttätigen Protesten. Die Armeeführung unternahm nicht nur nichts dagegen – sie forderte schließlich ultimativ den Rücktritt von Evo Morales. Mehr und mehr bedroht, sah sich dieser nach zwei Tagen genötigt, ins Exil nach Mexiko zu gehen.

Von langer Hand vorbereitet

Treibende Kräfte hinter diesem von langer Hand vorbereiteten Putsch sind ultrareaktionäre und faschistische Kräfte, vor allem aus dem reichen Tiefland Boliviens. Von Anfang an hatten sie Front gegen die antiimperialistische Politik der Morales-Regierung gemacht, schürten mit Sabotage und Massakern an indigenen Gruppen ethnische Konflikte.

Einer ihrer maßgeblichen Führungspersonen ist der faschistoide, christlich-fundamentalistische Luis Fernando Camacho, der eng mit der Regierung unter dem Faschisten Jair Bolsonaro im benachbarten Brasilien verbunden ist. In seinem Siegesjubel über den Rücktritt von Evo Morales forderte er als Regierung eine Junta aus Militär und ultrareaktionären Kräften und unterstrich die Zielrichtung: „Der Kommunismus muss verschwinden...“.

Soziale Fortschritte - reformistische Illusionen

Zweifellos hat Evo Morales in seiner fast 14-jährigen Amtszeit die absoluten Armutszahlen senken und große Fortschritte im Bildungs- sowie Erziehungswesen erreichen können. Zudem stärkte er die Würde der jahrhundertelang gedemütigten indigenen Völker mit dem Konzept eines „plurinationalen Staates“.

Doch auch er scheiterte am reformistischen Konzept des „Sozialismus des 21. Jahrhundert“, wie es besonders in Venezuela und Ecuador desaströs zusammengebrochen ist. Die sozialen Zugeständnisse konnten nur aus den schwankenden Erlösen der Rohstoffe finanziert werden. In Bolivien sind das besonders Öl, Gas und Lithium. Auch nach der Verstaatlichung erzwang diese Exportabhängigkeit weiterhin den Raubbau an den natürliche Resourcen.

Wachsender Einfluss neuimperialistischer Mächte

Mit sinkenden Rohstoffpreisen stieg die Verschuldung. Unter diesem Druck öffnete die Morales-Regierung mehr und mehr die Türen für die Einflussnahme neuer imperialistischer Mächte. Der russische Imperialismus übernahm die Federführung zum Bau eines Atomkraftwerks. Mit großflächigen, völlig unkontrollierten Bränden in den Trockenwäldern der Chiquitania im Osten des Landes verspielte sich Evo Morales schließlich sein Ansehen als Hüter der Mutter Erde, der „Pachamama“. Dafür war ein Ausgangspunkt, Brandrodungen zuzulassen zur Erweiterung landwirtschaftlicher Flächen, um ein erst im Sommer vereinbartes Abkommen mit China für den massenhaften Rindfleischexport zu erfüllen.


Wie zuvor schon mit China hatte die Regierung mit der deutschen Firma ACI-Systems ein Joint Venture abgeschlossen, das die Förderung von 30.000 bis 40.000 Tonnen Lithium aus dem Salzsee Uyuni plante. Unter dem Druck energischer Proteste von Umweltschützern und indigenen Gemeinden musste die Morales-Regierung den Vertrag wieder kündigen. Die ultrareaktionäre und faschistoide Opposition verstand es, diese wachsenden Widersprüche zu nutzen.

Bundesregierung begrüßt Rücktritt

Schändlich sind die Reaktionen der westlichen Imperialisten und der Bundesregierung gegenüber diesem Staatsstreich. Regierungssprecher Steffen Seibert begrüßte den Rücktritt als „richtigen Schritt zu einer friedlichen Lösung“.

Und der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, erklärte sogar: „Das Militär hatte die richtige Entscheidung getroffen, sich auf die Seite der Demonstrierenden zu stellen.“ 1

Solidaritätsaktionen in Lateinamerika

Ganz anders die Reaktionen der Massen und fortschrittlicher und revolutionärer Kräfte in Lateinamerika. Einhellig ist die Verurteilung des von der „Oligarchie und im Interesse der US-Yankies betriebenen Staatsstreichs“, wie es die ICOR-Partei PCR2 aus Uruguay schreibt. Sie weist auch auf die Hintergründe hin:

„Dies zeigt nicht nur die Verschärfung der Widersprüche zwischen dem Imperialismus und der Arbeiterklasse sowie den unterdrückten Völkern des Kontinents, sondern auch die der zwischenimperialistischen Widersprüche. Die USA - heute aggressivste Supermacht und größter Imperialismus der Welt - versuchen, das Vordringen ihrer chinesischen und russischen imperialistischen Rivalen in Bolivien und der Region auf jeden Fall zu stoppen.“


Auch die PC(ap) aus Chile beteuert ihre Solidarität mit dem „rechtmäßig gewählten Präsidenten Evo Morales“. Solidaritätserklärungen gibt es auch seitens der PCR2 Argentinien. In Mexiko City und Buenos Aires gab es erste Solidaritätsdemonstrationen gegen den faschistischen Putsch. „Es ist eine Ehre für uns alle, unsere ganze Solidarität mit dem bolivianischen Volks zum Ausdruck zu bringen“, heißt es in einem Aufruf.